Das Taschengeld-Gespräch

Warum Taschengeld für unsere Kinder wichtig ist.

Lest hier das Gespräch von Kirstin mit Anna (32). Anna lebt in Neukölln und hat einen 6-jährigen Jungen. Sie arbeitet als Krankenschwester in einem Berliner Krankenhaus.

In der Kita ihres Sohnes ist Anna Mitglied des Fördervereins, der Kirstin im Februar 2024 zu einem Workshop eingeladen hat.



Kirstin: Hallo Anna, Du bist Mutter eines 6-jährigen Jungen und wohnst in Neukölln. Dein Kind geht dort in eine Kita. Er ist seit ein paar Monaten ein richtiges Vorschulkind! Nun habt Ihr mich in Eure Einrichtung eingeladen, um mit den Eltern über Taschengeld zu sprechen.  

 

Anna: Ja, denn uns schwirrt das Thema schon eine Weile im Kopf herum. Als wir von Deinem Angebot gehört haben, wollten wir das endlich mal angehen – und so haben wir uns mit Dir in Verbindung gesetzt ...

 

Kirstin: ... und darüber habe ich mich sehr gefreut! Ich werde ja nicht müde kundzutun, dass ich eine große Befürworterin der Gabe von Taschengeld bin. Denn: Es ist für unsere Kinder eine tolle Möglichkeit, zusammen mit den Eltern früh und altersgerecht grundlegende Kompetenzen einzuüben, die später für einen guten Umgang mit Geld – und überhaupt mit dem Leben – wichtig sind.

 

Anna: Ich hatte irgendwo einen Artikel entdeckt und mich dann bei Dir gemeldet. Und ja, es war genau dieser Aspekt mit den Kompetenzen, der mich hat aufhorchen lassen. Weil ich mir das irgendwie nicht klargemacht habe, warum wir unseren Kindern Taschengeld geben oder geben sollten. 

 

Kirstin: Das deckt sich mit meiner Erfahrung: Eltern nach eben den Gründen befragt, haben zwar ein paar Erklärungen für sich gefunden. Doch ein erweiterter Big-Picture-Blick fehlt in der Regel. Das meine ich gar nicht kritisch oder gar überheblich. Eltern – ich habe selbst zwei Kinder, auch wenn diese schon über 20 sind – haben viele Dinge zu beachten!  Wenn es um den Umgang mit Geld geht, kommt hinzu, dass seit vielen Generationen kein bewusster Fokus auf die frühe Vermittlung zu Hause gelegt wird. Eigentlich völlig unverständlich, wenn wir die Bedeutung des Geldes für unser tägliches Leben nehmen. 

 

Als mir diese Diskrepanz aufgefallen ist, habe ich meine Initiative bricklebrit | Eltern. Kinder. Geld. ins Leben gerufen. Ich sehe mich als Impulsgeberin von außen. Damit das funktioniert, braucht es jedoch eine offene Tür. Danke fürs Aufmachen, Anna!

 

Taschengeld als Methode zum schrittweisen Einüben von Kompetenzen, die für ein Leben auf eigenen Füßen wichtig sind? „Unbedingt!“, sagt Kirstin.

Anna: Wir hatten erst die Befürchtung, dass Du uns ein Taschengeld-Modell vorstellst, dass Eltern vielleicht wenig Raum zum Atmen gibt. Was ich sagen will: Es gibt sehr viele Eltern-Ratgeber, die suggerieren, als gäbe es nur einen Weg zum Erfolg im Umgang mit dem eigenen Nachwuchs. Ich kriege Pickel, wenn ich das lese oder höre. Und hatte beschlossen, mich dem nicht mehr auszusetzen.

Aber was auf Deiner Website steht – und dann unser erstes Telefonat – das hat mich überzeugt, dass Du das wirklich meinst mit den Impulsen. Du hast zwar eine ganze Palette an Anregungen für zu Hause. Aber wir Eltern haben die Freiheit, alles über viele Jahre selbst auszuprobieren und an unsere jeweilige Familiensituation anzupassen.

 

Kirstin: Cool, dass Du das sagst! Ich hatte als noch jüngere Mutter selbst keine Lust auf diese Flut an Tipps und Tricks, die keine Unterschiede zwischen den diversen Lebenslagen und Bedürfnissen von Menschen machen. Und die einen irgendwie recht eingleisig durch das Thema chauffieren.

 

Anna: Was die ganzen nicht-finanziellen Kompetenzen angeht: auf jeden Fall! Grundsätzlich sind wir Eltern ja selbst nicht frei von eigenen Ansprüchen, die uns das Leben schwermachen. Viele empfinden das: Der Druck ist gewaltig hoch, alles richtig zu machen. Mich frustriert das. Das ist der Grund, warum ich mich pauschal entziehe, oft auf die kleinste Vermutung, dass es wieder eine solche Situation sein kann. Ich weiß wohl, dass ich mich manchmal zu wenig offen zeige für neue Impulse. Ach, ich finde das nicht immer einfach. 

 

Kirstin: Obwohl Du etwas beschreibst, was viele Eltern kennen und was im Alltag sehr belastend sein kann, freut es mich zu hören, dass Du Dir dieser Situation bewusst bist. Ganz ehrlich: Nur auf diese Weise haben wir die Möglichkeit, etwas zu ändern und unseren ganz eigenen Weg zu gehen. Wenn wir nicht wissen, wie uns geschieht, lassen wir uns treiben, ohne rechten Plan. Bezogen auf unser Thema Taschengeld kann es dann eher passieren, dass wir nur „gegen“ etwas agieren (wobei gar nicht klar ist, was „gegen“ konkret bedeutet) und keine Idee haben, was eigentlich unser „dafür“ ist. Weil viele Eltern ähnlich denken und handeln, werden wir nicht aufgefordert, diese Haltung zu hinterfragen. Das könnte der Grund sein, weswegen alte familiäre Verhaltensmuster beim Geld am Leben gehalten werden. Dabei haben unsere Kinder mehr verdient! Denn sie brauchen eine Menge für ihr Leben als zukünftige Erwachsene. 

 

Anna: Du sprichst über Taschengeld ja auch als viel mehr, als dem Kind Geld zu geben.

 

Kirstin: Genau! Ich kann das Bedürfnis gut verstehen, dass es unseren Kindern gut gehen soll. Was „gut“ genau bedeutet, kann unterschiedlich interpretiert werden. Wenn ich mir meine Söhne anschaue, dann ist mir bewusst, dass das größte Geschenk die Befähigung zur Selbständigkeit ist. Demnach sind unsere Bemühungen als Eltern darauf ausgerichtet, uns irgendwann überflüssig zu machen. Naja, ich weiß, dass mir nicht alle Eltern hier zustimmen (lacht).

 

Anna: Och, ich schon! So steht das, was Du eben über die Kompetenzen gesagt hast, in direkter Verbindung mit dem pädagogischen Ziel der Selbständigkeit von Kindern und Jugendlichen?

 

 

Selbständigkeit entwickelt sich nicht von alleine

Kirstin: Ja, weil die Kompetenzen und die Selbständigkeit sich nicht von alleine entwickeln. Je früher wir uns das klarmachen und je eher wir anfangen, in die Richtung zu wirken, um so besser. Denn es ist die Kontinuität, der Alltag, in dem unsere Kinder das meiste lernen (und zwar oft ganz nebenbei), das Spielerische, das Kreative und das Entdeckende. Ohne, dass es eine harte Lehrstunde des familiären Alltags wird. 

 

Anna: Jetzt verstehe ich den Hintergrund für Dein 3-Gläser-Modell ein bisschen besser. Das wirst Du uns im Februar vorstellen, ja?

 

Kirstin: Gern! Wobei mir die grundlegende Idee hinter den drei Gläsern viel wichtiger ist, die hat mit der klassischen Taschengeld-Methode nur noch wenig zu tun. Da ich die Kompetenzen im Blick habe, werde ich diese Verbindung ein ums andere Mal herstellen. Im besten Fall wird es kein Monolog, sondern wir erwecken die Idee und die Methode mit Euren Fragen und Geschichten gemeinsam zum Leben! Ab und zu sind es die schönen kleinen Storys, mitunter die kleinen und großen Fallstricke des Alltags, die vielleicht nicht unmittelbar, sondern erst über längere Zeiträume sichtbar werden, die wir aber heute schon mit in unsere Überlegungen nehmen können.

 

Anna: Wie meinst Du das?

 

Kirstin: Die Pubertät fällt nicht vom Himmel, das wissen wir. Mit diesen Jahren kommen ganz neue Herausforderungen auf uns Eltern zu. Die Kommunikation kann sich verschlechtern, auch der Draht zu den Jugendlichen, die nun andere Interessen herausbilden, die uns bisweilen nicht passen. Sie probieren sich aus, wollen Dinge kaufen, die ihnen Spaß machen oder in der Altersgruppe eine Rolle spielen. Gleichzeitig geben wir nicht gleich auf und setzen unsere Werte und Prioritäten dagegen. Daher ist es gut, wenn wir diese Phase mit unseren Kindern schon in Ansätzen mit berücksichtigen. 

 

Anna: Ich hatte Dich unterbrochen ... 

 

Kirstin: Stell jede Frage! Ich wollte zu den Inhalten an diesem Abend noch zwei Dinge ergänzen. Ich denke da vor allem an die Höhe des Taschengeldes. Hier schlage ich eine familienspezifische Berechnung vor. Die Hinweise von den üblichen Ratgeber-Seiten sind dabei nur zufällig hilfreich, da ist ja nix individuell. Was zum Beispiel tun, wenn es in der Familie finanziell gerade knapp ist? Oder in anderen Fällen Oma und Opa unseren Kindern nicht nur an Feiertagen Geld zustecken?

 

Anna: Ich bin sehr gespannt!

 

Kirstin: Wir sehen uns im Februar! 

 

Danke Dir für diesen Austausch, den ich zum Nachlesen aufbereite. Denn die Zeit bis zur Einschulung ist nicht mehr lang und vielen Eltern geht es wie Dir. 

 

So freue ich mich über jede Kontaktaufnahme für themenspezifische Bildungs- und Austausch-Abende von Eltern von Vorschulkindern (und solchen, die es noch werden), Einrichtungsleitungen, Familienzentren oder anderen Familienbildungsstätten aus Berlin oder aus anderen Bundesländern.


Weil Anna nicht vor die Kamera wollte: Ihr Sohn hat ziemlich genaue Vorstellungen* davon, wie ein zuverlässiger Geldgeber aussehen könnte.

 

So sieht er aus.

* Mit ein ganz bisschen Hilfe von Anna ;-)